Die Frauen erobern das Feld zurück

Zwei Drittel der Beschäftigten sind männlich, jedoch steigt der weibliche Anteil

Hinter der wachsenden Ü50-Beschäftigung verbergen sind vor allem die Frauen. Von den durchschnittlichen 7,5 Mio. Senior-Beschäftigten, sechs von zehn sind Männer, jedoch ist der weibliche Anteil seit 2008 um 54% gestiegen. Diese Zahl stellt in Europa einen Rekord dar: Die Ü50-Frauen haben sich in professionellen, wissenschaftlichen und technischen Berufen sowie auch in Informations- und Kommunikationsdienstleistungen mehr als verdoppelt.

Die Beschäftigungsquote der Frauen über 50 betrug im Jahr 2008 35%, heute entspricht sie 47% (trotz der steigenden Arbeitslosenquote von 3% auf 5,7%).
«Ein positives Ergebnis – unterstreicht Luigi Campiglio, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Cattolica in Mailand – das zum Teil der Fornero-Rentenreform zurückzuführen ist, aber auch ein Beweis für eine stärkere weibliche Arbeitsbeteiligung während der Krisenjahre darstellt.» Die Frauen erscheinen vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen (6 von 10) und verstärkt in der Bildung, wo die weibliche Quote über 74% liegt. Die Männer hingegen sind überwiegend im Baugewerbe (95%), im Transportwesen (80%) und im Handwerk (77%) tätig.

Europäischer Vergleich
Das Vorrücken der Ü50-Beschäftigten auf dem europäischen Schachbrett zeigt Italien an zweiter Stelle nach Deutschland, hier ist die weibliche Beschäftigung um 42,4% gestiegen. Im restlichen europäischen Raum liegt das Wachstum der Senior-Beschäftigten im letzten Jahrzehnt unter 30%, in Frankreich und im Vereinigten Königreich bei ca. +20%.
«In Italien ist die Beteiligung der Senior-Beschäftigten gestiegen – stellt Stefano Scarpetta fest, Direktor Beschäftigung und Soziales bei OECD – und zwar während der Rezession und der schwachen wirtschaftlichen Erholung im starken Kontrast zu den vorigen Krisen, in denen die Vorruhestandsregelungen als Puffer verwendet wurden, jedoch mit langfristigen hohen Kosten für die öffentliche Wirtschaft.» Außerdem fügt Scarpetta hinzu «Die erwachsenen Beschäftigten sind weniger stark davon betroffen im Vergleich zu den jüngeren, aufgrund der unbefristeten Verträge, deren Auflösung schwieriger und kostenintensiver ist.»
Die Ü50-Beschäftigten sind, im Vergleich zu vor der Krise, um 40% gestiegen, mit einem unterschiedlichen Takt zu dem allgemeinen Trend (-1,4%) und einer eindeutigen Gegentendenz im Vergleich zu den jüngeren Jahrgängen, in denen Ü30-Beschäftigten sich um mehr als ein Viertel verringert haben.
Laut der vom Studienzentrum Datalavoro für Il Sole 24 Ore durchgeführten Analyse ist etwas weniger als zwei Drittel der Senior-Beschäftigten im Dienstleistungssektor tätig, insbesondere im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen (ca. 10% der Beschäftigten), hingegen erreichen der Handel 12% und das Handwerk 16%. «Die italienische Beschäftigungsstruktur befindet sich zwischen der deutschen produktionslastigen – erläutern die Forscher von Datalavoro – und der der anderen Hauptstaaten, in denen die reife Komponente im Gesundheits- und Sozialwesen stärker ist. In Bezug auf das Bildungswesen, beschäftigt der Vereinigte Königreich die ältesten Arbeitnehmer.»

Karriere
In der Betriebspyramide bewegen sich die Ü50 – in Einklang mit anderen europäischen Ländern – insbesondere auf der mittel-hohen Ebene, 39,7% Führungskräfte (Geschäftsführer, akademische, wissenschaftliche und technische Berufe) und 42% Fachkräfte (Angestellte, im Handel und Dienstleistungen qualifizierte Techniker, Facharbeiter).
«Im Vergleich zum Jahr 2008 – stellt Datalavoro klar – sind die niedrig- bis mittelqualifizierten Beschäftigten gestiegen, d. h. die Ü50-Beschäftigten müssen sich in einigen Fällen mit einer neuen Tätigkeit zufrieden geben, für die sie hochqualifiziert sind.»
Markanter ist das Phänomen bei den Frauen, die übrigens weniger verdienen (ca. 15%) im Vergleich zu den jährlich durchschnittlichen 32.500 Euro brutto. Die Lücke ist bei den Führungspositionen größer, 125.000 Euro verdient eine Managerin (25.000 Euro weniger im Vergleich zu einem Manager, der 150.000 Euro verdient).
Die höheren Durchschnittseinkommen ergeben sich in der Finanz- und Immobilienbranche (60.000 Euro brutto p. a.), hingegen ist das Durchschnittseinkommen im Bildungs- und Betreuungswesen nicht höher als 17.000 Euro.

Francesca Barbieri
Il Sole 24 Ore Sonntag 9. April 2017
Übersetzung: Angela Farucci