Die Truppe der Ü50er bei der Arbeit: Es sind 7,5 Mio.

2004 war es einer von fünf, jetzt sind es einer von drei. Vielen der gekündigten Senior-Beschäftigten fällt es schwer sich neu zu positionieren.

Ein Drittel der Beschäftigten in Italien ist zwischen 50 und 64 Jahre alt, es sind 7,5 Mio. Im Jahr 2004, als das italienische statistische Amt ISTAT Erhebungen gestartet hat, waren es ca. ein Fünftel (4,5 Mio.). Das ist die Auswirkung der Bevölkerungsalterung, der Rentenreformen, die das Rentenalter erhöht haben und des Wechsels der Arbeitsplätze, der eher die Ü50 belohnt hat, als die Jüngeren. Die italienische Sozialversicherung INPS zeigte, dass von den 511.000 neuen Arbeitsverhältnissen ab Januar 2017, 91.000 die “reifere” Generation betreffen (überwiegend befristete Verträge) im Vergleich zu den 74.000 der U24. Die ab Januar geschlossenen Arbeitsverträge umfassen die Ü50, die Erwerbstätigen zwischen 30 und 39 Jahre (135.000) und die zwischen 40 und 49 Jahre (123.000), weniger die zwischen 25 und 29 Jahre (86.000). Der Mismatch zwischen Arbeitsangebot und –nachfrage in den technischen Berufen benachteiligt die jüngere Generation, da es schwierig ist Ingenieure, Sachverständige und Facharbeiter zu finden. Für den italienischen Handelskammerverband Unioncamere hatten Unternehmer im ersten Quartal Schwierigkeiten bei der Rekrutierung eines Arbeitnehmers alle fünf Anstellungen (19,9% gegen 12% aus 2016). Für zwei von drei Kandidaten ist die Berufserfahrung zusammen mit der Schulausbildung eine Qualitätsvoraussetzung. «In vielen Firmen, hauptsächlich in den KMU, hat der Umsatz die “Senioren” begünstigt, – erklärt der Arbeitswirtschaftswissenschaftler Carlo Dell’Aringa – der Wechsel hat die große Erfahrung belohnt, die nicht mit jungen Arbeitskräften ersetzt wurde, die durch den fehlenden Dialog zwischen Schule und Produktionswelt benachteiligt werden. Es wird versucht, beide Welten zu verbinden mit der Abwechslung Schule-Arbeit und der Berufsausbildung nach dem deutschen dualen System. Wir müssen die technischen Oberschulen stärken, einer der Erfolgsschlüsseln Deutschlands». Viele während der Krise gekündigten „Senior-Beschäftigten“ hingegen haben es nicht geschafft sich neu in der Arbeitswelt zu positionieren und wurden arbeitslos, nicht erwerbstätig oder gehören zu den 170.000 arbeitslosen Arbeitnehmern, die noch nach der alten Regelung rentenberechtigt sind.

Um einen Überblick der Arbeitsmarktdynamik zu bekommen, nehmen wir Bezug auf den Start der ISTAT-Erhebungen (Januar 2004) und den letzten verfügbaren Monat (Februar 2017): Die Beschäftigungsquote der Altersgruppe 50-64 Jahre ist um 18 Punkte gestiegen (auf 59,1%), die Erwerbstätigen sind 3 Mio. mehr, jedoch hat sich die Zahl der Arbeitslosen mehr als verdoppelt (489.000) und die Arbeitslosenquote liegt bei 6,1% (von 4,2%). Die Nichterwerbstätigen sind 1,3 Mio. weniger (4,7 Mio.), die Quote ist immer hoch (37%), jedoch weniger als 56,3% aus 2004. Die Beteiligung der „Senioren“ am Erwerbsleben ist also gestiegen, selbst wenn viele arbeitslos geblieben sind. Im gleichen Zeitraum ist die allgemeine Beschäftigungsquote stabil geblieben – angesichts der Krise, die die Zahl der Erwerbstätigen zum Minimum herabstürzen ließ – von 57,3% auf 57,5% (ca. 10 Punkte weniger im Vergleich zum europäischen Durchschnitt). Die Arbeitslosenquote ist von 8,3% auf 11,5% gestiegen, für die jungen Leute ist die jedoch von 22,3% auf 35,2% gestiegen (auf den letzten Positionen in Europa), während die Nichterwerbstätigenquote von 37,5% auf 34,8% gesunken ist. «Der Arbeitsmarkt scheint aus Gegendynamik zu bestehen – fügt Dell’Aringa hinzu – die „Senior-Bevölkerung“ ist integrierter als die junge Generation.» Dieses Szenario spiegelt sich in die Produktionswelt wider: «An den Arbeitsorten – erklärt Fabio Costantini, Geschäftsführer von Randstad Hr Solutions – sieht man zeitgleich vier Generationen mit sehr unterschiedlichen Erwartungen; die „Silent-Generation“ (1930-1949), die „Baby-Boomer“ (1950-1969), die „Generation X“ (1970-1981) und die „Generation Y“ (1982-2005). Viele Firmen führen eine Kartierung der Arbeitnehmer aus, um Chancen und kritische Punkte zu ermitteln. Es muss active ageing-Politik angewendet werden und die “Senior-Beschäftigten” sollen als Wertgut gesehen werden.» Randstad hat eine Studie entwickelt mit Interviews mit HR-Verantwortlichen und Managern aus 300 italienischen Unternehmen über die Führung von Ü50-Arbeitnehmern: «Es muss uns bewusst werden, dass die Herausforderung hier und jetzt ist, nicht morgen – fügt Costantini hinzu. Wir sollen der Verbesserung der Arbeitswelt mehr Aufmerksamkeit schenken. Dazu zählen die Werkzeuge zur Arbeitszeitenflexibilität, der Kompetenzwechsel zwischen jungen und reifen Arbeitnehmer, aber auch eine Vergütungspolitik, die dem variablen Vergütungsteil mehr Gewicht verleiht. Auf dieser Weise können die Kompetenzen der „Senior-Arbeitnehmer“ aufgewertet werden. »

Giorgio Pogliotti
Il Sole 24 Ore Sonntag, 9. April 2017
Übersetzung: Angela Farucci